Ein Bericht von Robert Klosko
Freitauchen auf Elba
Freitauchen auf Elba
TOSKANA· ITALIEN
Anreise nach Elba in der Hauptsaison
Aufgrund der extrem hohen Temperaturen in diesem Sommer haben wir uns kurzfristig entschieden, statt der ursprünglich geplanten Sardinien-Reise unseren Familienurlaub nach Elba zu verlegen. Trotz aller Warnungen haben wir für unseren Campervan weder die Fähre noch einen Campingplatz im Voraus gebucht. Wie bekannt, ist die kleine Insel im August, besonders wegen des "Ferragosto", von Touristen überfüllt. Doch zu unserer Überraschung verlief die Reise unerwartet entspannt. Wir konnten ohne Probleme sofort Fährtickets in Piombino ergattern, und selbst die angefragten Campingplätze hatten Mitte August noch einige freie Plätze zur Auswahl.
Elba, die drittgrößte Insel Italiens und Teil des Toskanischen Archipels, bietet hervorragende Voraussetzungen für Freitaucher. Das kristallklare Wasser, die vielfältige Unterwasserlandschaft und die reiche Meeresfauna locken seit Jahrzehnten Taucher aus aller Welt an. Historisch ist die Insel besonders interessant, da hier in den 1970er Jahren die ersten bedeutenden Freitauch-Rekorde aufgestellt wurden.
Überraschender Besuch bei Il Corsaro
Auf Elba gibt es eine hohe Dichte an Tauchzentren, doch unsere ersten Anfragen zum Freitauchen wurden bei den meisten dieser Dive Center abgelehnt. Da unsere Kinder beim Schnorcheln jedoch unbedingt mehr Fische und eine interessantere Unterwasserlandschaft entdecken wollten als an unserem Campingplatz-Sandstrand in Lacona, folgten wir dem Tipp einer Familie vom Campingplatz und fanden uns am "Spiaggia di Pareti" wieder. Dort stießen wir zufällig auf das Tauchcenter "Il Corsaro".
Beim Betreten des Gebäudes trafen wir direkt auf den "Corsaro" höchstpersönlich: Alfredo Guglielmi saß entspannt am Tisch und lud uns ein, das Corsaro-Museum zu besichtigen. Guglielmi war in den 1970er Jahren der persönliche Sicherheitstaucher von Jacques Mayol und begleitete ihn bei seinen legendären Rekordtauchgängen. Kein Wunder also, dass man im kleinen Raum des Dive Centers ein regelrechtes Mayol-Museum findet, gefüllt mit beeindruckenden Exponaten: Mayols Tauchschlitten, Tiefenmarkierungen für seine Rekorde und zahlreiche Fotos von Mayol sowie Umberto Pelizzari, der in den 80er und 90er Jahren viel Zeit mit Mayol verbrachte und hier ebenfalls einige Rekorde aufstellte.
Leider bietet das Tauchcenter Il Corsaro kein Freitauchen an. Wir erfuhren jedoch, dass das ehemalige Haus von Jacques Mayol nur etwa 5 Kilometer vom Strand Pareti entfernt liegt. Neugierig machten wir uns auf den Weg, um diesen besonderen Ort zu entdecken.
Überraschendes Treffen mit Jean Jaques Mayol
Traumhafter Weitblick von der Villa Mayol
Platz für Yoga und Meditation auf dem Gelände
Neben dem Haus können Gäste in einer Jurte übernachten.
Freundlicher Empfang von Jean-Jacques Mayol
Die Villa Mayol ist als "Villa Glaucos" auf der Karte verzeichnet und liegt in einer ruhigen, wenig bebauten Gegend zwischen der Spiaggia del bambino ciccione und der verlassenen Vallone-Mine. Der Weg dorthin, der zu einem Grundstück mit zwei markanten Delfin-Statuen an der Einfahrt führt, ist nicht asphaltiert. Daher machte ich mich zu Fuß auf, um das etwa 150 Meter von der Hauptstraße entfernte Anwesen zu erreichen. Zu meiner Überraschung wurde ich persönlich von Jean-Jacques Mayol begrüßt, der die Hauptsaison in einem alten Wohnwagen auf dem Gelände verbringt, während die Villa in dieser Zeit an Gäste vermietet wird.
Jean-Jacques führte mich durch das idyllische Grundstück, auf dem neben der berühmten Villa auch eine große Jurte sowie ein großzügiger, schattiger Platz für Yoga und Meditation zu finden sind. 1992 entwickelte er das „Mayol“-Konzept, das darauf abzielt, sich durch Apnoe und Yoga ohne Wettbewerbsdruck selbst zu entdecken. Dieses Konzept kombiniert Meditation, Atem- und Visualisierungstechniken und vermittelt, wie man durch die Interaktion mit der Natur und dem Ozean innere Ruhe und Balance erlangt.
Obwohl Jean-Jacques selbst keine Freitauchkurse anbietet, ist die Villa bei Freediving-Gruppen aus aller Welt sehr beliebt. Im September erwartet er sogar zum wiederholten Mal Gäste aus Japan. Das tiefe Interesse seines Vaters, Jacques Mayol, an Yoga und Atemtechniken führte ihn bereits in den 1960er Jahren nach Indien und Japan, wo er bis heute eine große Popularität genießt. Jean-Jacques möchte das Erbe seines Vaters weiterführen und bietet das Anwesen weiterhin interessierten Freediving-Gruppen an. Eine kleine Bucht ist fußläufig erreichbar, wo direkt vom Ufer aus Freitauchtrainings stattfinden können.
Jean-Jacques gab mir zudem den Tipp, mich an Aquanautic Elba, eine deutsche Tauchschule in Morcone, zu wenden, da dort auch Freedive-Sessions angeboten werden.
Freitauchen mit Aquanautic Elba
Bereits beim ersten Telefonat wurde mir klar, dass die Tauchschule unter deutscher Leitung steht. Die Organisation und Buchung verliefen entsprechend reibungslos und schnell. Nur zwei Tage später konnte ich mit einem Boot, auf dem sich vier Scuba-Taucher und mein Tauchbuddy Leo befanden, zu der etwa 10 Bootsminuten entfernten Insel Corbelli aufbrechen. Leo, ein junger und leidenschaftlicher Tauchlehrer, der sowohl Scuba- als auch Freitauchkurse anbietet, ist erst seit Mai auf Elba und begeistert von der Insel. Während die Tauchgruppe die Insel erkundete, hatte ich das Vergnügen, ein privates Coaching mit Leo am Seil zu absolvieren.
Drei Tage später nahm ich an einer weiteren Session teil. Ursprünglich war geplant, zur berühmten Marienstatue bei Pomonte in Marina di Campo zu fahren. Doch da einige Taucher in der Gruppe diesen Spot bereits kannten, entschieden wir uns stattdessen, zur Cala del Fico zu fahren. Die Tiefe war für das Training ideal, allerdings reichten meine Nebenhöhlenprobleme nur bis zu einer Tiefe von 20 Metern. Neu für mich war das Tauchen unter einer ungewöhnlich starken Strömung, was eine spannende Herausforderung darstellte. Von Leo bekam ich den Tipp das Wrack der Elviscot bei Pomonte zu besuchen, welches etwa auf 12 Metern Tiefe und nur 100 m vom Ufer entfernt ist.
Aquanautic Elba
Aquanautic-Elba,
Loc. Morcone 33, 57031 Capoliveri (Li), Italien
+39 339 6385979
Schnorcheln zum Wrack der Elviscot bei Pomonte
Wir fahren mit dem Auto etwas zu spät von Lacona in das etwa 40 Min. entferne Pomonte. Um die Mittagszeit sind im August alle Parkplätze in Strandnähe bereits belegt. Wir parken deshalb etwa 10 Min Fußweg vom Strand entfernt.
Am 10. Januar 1972 lief hier die Elviscot, ein niederländisches Frachtschiff von 499 Tonnen, auf Felsen auf und sank – glücklicherweise ohne Verletzte. Ein Teil des Wracks blieb halbversunken in den Felsen stecken und stellte eine Gefahr für Badegäste dar, weshalb es teilweise entfernt wurde. Heute liegen das Heck, die Kommandobrücke und ein Seitenteil in nur 12 Metern Tiefe auf dem sandigen Meeresgrund an der Ostseite der Klippe.
Der Strand ist nicht besonders groß, dennoch gut besucht. Neben der Badegäste findet man eine Tauchschule direkt am Strand. Die Taucher können hier das Wrack auch ohne Boot bequem erreichen. Für Freitaucher ist es ebenso ein leichtes Spiel. Die Tiefe beträgt hier zwar ca. 12 Meter, jedoch sind die höchsten Wrackteile bereits bei knapp 5 Metern zu erreichen, was sogar unseren beiden Kindern samt meiner 10 Jahre alten Tochter nach wenigen Versuchen gelingt. Seit dem gehört der Ausflug nach Pomonte zu den Highlights des Urlaubs für unsere Kinder.
Das Wrack ist trotz des Alters von 50 Jahren noch gut erhalten und kann an einigen Stellen sogar durchgetaucht werden. Es ist ein beliebter Ort für viele Fischarten. In Strandnähe begegnen wir außerdem einigen Spiegeleiquallen.
Freitauchen auf Elba - mein Fazit
Elba bietet nicht nur eine faszinierende Unterwasserwelt, sondern auch eine reiche historische Bedeutung für das Freitauchen, die den Besuch besonders lohnenswert macht. Die Insel beeindruckt mit klaren Gewässern, atemberaubenden Tauchspots und dank Aquanautic Elba einer unkomplizierten Organisation. Einmal auf Elba angekommen, ist kein Ortswechsel mehr nötig, da die Insel so kompakt ist, dass man von einem zentralen Standort aus viele der besten Tauchspots schnell erreichen kann.
Die Anreise von München nach Piombino mit dem Auto dauert in etwa 8 h. Für die Überfahrt nach Elba benötigt die Fähre ca. 1:15 h.
Aquanautic Elba
Aquanautic-Elba,
Loc. Morcone 33, 57031 Capoliveri (Li), Italien
+39 339 6385979